Als ich nur Fußball-Fan war, in den 70er und 80er-Jahren, war der Bundesliga-Fußball anders. Die Spieler sahen noch nicht aus wie Zehnkämpfer oder wie Topmodels. Im Gegenteil: mit Schnäuzer und Vokuhila kamen sie daher wie Jungs aus der Arbeiterklasse. Und das waren auch die meisten. Welche von uns.
Ich komme aus dem Ruhrgebiet und war ein braver Amateurkicker. Aber in meinem Fußballkreis hatten es immer wieder Spieler „nach oben“ geschafft. Sie spielten dann für Dortmund, Bochum oder Köln, statt für Unna oder Holzwickede. Abends traf man sie dennoch auf dem Stadtfest oder in der Kneipe. Es waren halt welche von uns.
Der Profifußball hat sich seit dieser Zeit enorm gewandelt. Er ist eine riesige Witschaftsmaschine geworden. Spieler verdienen Millionen, haben Berater (wie mich). Und sie kommen nicht mehr aus Unna oder Holzwickede, sondern offiziell aus Nachwuchsleistungszentren. Bereits im Kindesalter werden sie dort auf Hochleistung getrimmt. Und sie werden abgeschirmt. Außer für Verwandte und engste Freunde (und oft nichtmal für die) sind es keine mehr von uns – dem Empfinden nach.
Für die Spieler ist das Fluch und Segen zugleich. Auf der einen Seite geht ohne die professionelle Ausbildung im Leistungszentrum (fast) nichts mehr. Dafür ist der Fußball zu vielschichtig geworden. Auf der anderen Seite spüren sie sehr schnell, daß sie anders sind. Abgeschirmt in einer eigenen Blase.
Hatten daher die Spieler früher noch Spitznamen wie „Ata“ oder „Tanne“, ein Zeichen echter Wertschätzung, sind die Namen heute eher für das Merchandising interessant. Wie oft verkauft sich das Trikot von „Haaland“ oder „Harit“? Spitznamen geben sich die Spieler nur noch untereinander.
Und so hat sich auch das Verhalten der Fans den Spielern gegenüber dramatisch geändert. Einen von uns kann man mal bepöbeln, ihn auch mal auspfeifen. Aber mit Spielern, die nur noch Projektionsflächen sind und mit dem eigenen Leben nichts mehr zu tun haben, geht man ganz anders um. Blanker Hass und unerbittliche Häme – Twitter und Instagram sprechen täglich Bände.
Seit meiner Jugend haben sich Spieler und Fans entfremdet. Sie sind sich nicht mehr nahe. Die Fannähe ist eine Illusion geworden oder drastisch: Sie ist tot. Der Profi in mir sagt, es geht leider nicht anders. Der Fan sagt: Schade.