Ich weiß nicht, ob man Otto Rehhagel als Fußball-Philosophen bezeichnen kann. Aber mein Freund Michael Schulz, der unter Rehhagel trainierte, hat mir eine Weisheit von „König Otto“ mit auf den Weg gegeben: „Im Fußball gibt es keine Wahrheit, sondern nur Meinungen“.
Ich habe diesen Satz verinnerlicht und bin mir nicht sicher, ob dieser nicht sogar für alle Lebensbereiche gilt. Für den Fußball gilt er allemal.
Und so bin ich immer wieder auf‘s Neue überrascht, wie Fans, Experten und auch Journalisten „ihren“ Weg als den einzig richtigen ansehen. Wenn ich von Fans mit Adjektiven wie „dumm“, „naiv“, „gierig“, „hohl“ etc. belegt werde, frage ich mich immer: Glauben die das wirklich? Glauben die im Ernst, ich erkenne nicht die simpelsten Problematiken?
Wenn Fachleute im TV mit Wichtigmiene „Ihre“ Wahrheiten verkünden, ist das natürlich Teil des Geschäfts. Aber es gehört auch ein besonderer Charakter und eine gehörige Portion Arroganz dazu, den Hinweis zu unterlassen, daß alles selbstverständlich auch ganz anders kommen könne.
Journalisten haben für Ihre „Wahrheit“ das Stilmittel des Kommentars. Ein Mittel, das ich sehr schätze. Man kann seine eigene „Wahrheit“ darin spiegeln, kann sich ärgern oder zustimmen. Aber fast immer erweitert ein guter Kommentar das eigene Spektrum. Heutzutage sind allerdings schon normale Berichte oft genug tendenziös, beinhalten Stilmittel des Kommentars ohne darauf hinzuweisen und suggerieren so eine absolute Wahrheit, die es schlicht nicht gibt.
Vielleicht sollten sich alle, die sich über ein Thema echauffieren mal überlegen, was Respekt bedeutet. Wenn ich diesen empfinde, merke ich automatisch, daß meine eigene Wahrheit auch nichts weiter ist als eine Meinung.
Daher möchte ich Otto Rehhagel noch einmal wiederholen: „Im Fußball gibt es keine Wahrheit, sondern nur Meinungen“.